Vor Kurzem wurde bekanntlich die Waffenverbotszone in den Innsbrucker Viaduktbögen erneut um weitere 3 Monate verlängert. Presseaussendungen und mehreren Zeitungsartikel zufolge zeigen sich die Behörden darüber erfreut und merken an, dass sie „die nordafrikanische Drogendealer-Szene“ (ufff) verdrängen konnten und sich die Sicherheitslage in der Ausgehmeile stabilisiert hat. Gestern habe ich im Bezirksblatt zu diesem Thema ein Statement getätigt, dass im Endeffekt daraus hinausläuft, dass ich die Verlängerung der Waffenverbotszone weniger durch irgendwelche vorhandenen Waffen begründet, sondern vielmehr als eine einfache Lizenz dafür sehe, Leute auf Verdacht hin auszusackeln. Aber das habe ich ohnehin schon mehrmals öffentlich so transportiert.
Zur Klarstellung und um es ganz deutlich zu sagen: Waffen haben in den Bögen (und auch sonst nirgends!) verdammt nochmal NICHTS verloren und auch gewalttätige Übergriffe sind das Allerletzte und sind dementsprechend zu verurteilen!
Trotzdem macht man es sich meiner Meinung nach zu leicht, wenn man sich alle 3 Monate über die Verlängerung der Waffenverbotszone freut und hofft, dass die größeren Zusammenhänge, die damit verbunden sind, sich irgendwie anders lösen werden. Deshalb möchte ich hier noch ein paar Gedanken nachstreuen:
Nach der grauenhaften Tötung, die 2018 an der Ecke Ing. Etzel Straße / Museumstraße stattgefunden hat, haben wir öffentlich einen Dialog zwischen Politik, Polizei & Bögenbetreiber:innen eingefordert. In mehreren Austauschrunden, die im Anschluss auch stattgefunden haben, wurden Aspekte wie Sicherheit, eventuelle Möglichkeiten der Sozialarbeit, Austausch zwischen Behörden und Bögenbetreibenden, öffentliche Wahrnehmung und Vermittlung eines differenzierteren Bildes der Bögen, diskutiert.
Einige dieser Themenblöcke und Gesprächsrunden brachten mal mehr mal weniger sichtbare Ergebnisse mit sich; bei manchen war man sich auch nicht ganz sicher wie man hier vorgehen sollte. Einige der offensichtlichsten Maßnahmen sind zB die Verbreiterung des bögenseitigen Gehsteigs, zusätzliche Fahrradständer und Müllkübel und dass nun generell weniger Autos vor den Clubs parken dürfen und somit also alles etwas einsehbarer ist. Überhaupt ist die Straße durch die zusätzlich angebrachte Beleuchtung mittlerweile die hellste Straße von ganz Innsbruck und eben auch die mit Kameras am dichtesten überwachte.
In other news: Auch das letztjährig gestartete BOGENFEST resultiert nicht zuletzt aus dem tollen und verstärkten Austausch mit dem Innsbruckmarketing, den wir seit diesen Gesprächsrunden haben (an dieser Stelle ein besonderer Dank an Heidi Reckendorfer!).Im Zuge des Prozesses wurde zudem eine zuständige Person seitens der Polizei ernannt, die quasi als „Ansprechpartner“ für die Viaduktbögen fungieren sollte. Gleichzeitig wurden Maßnahmen wie eine regelmäßige, passive Bestreifung und auch ein vermehrt deeskalierendes und präventives Auftreten von Beamti:innen eingefordert – und von den Meisten wurde das auch so unterstützt.
Ich lebe seit bald 10 Jahren direkt in der Bogenmeile und seit einigen Jahren arbeite ich hier auch – deshalb traue ich mich ein paar Einschätzungen beisteuern zu können. Vorneweg: Mir ist klar, dass auch die Polizei mit immer knapper werdenden Personal- und Zeitressourcen konfrontiert ist und deshalb in weiterer Folge Priorisierungen gemacht werden müssen. Ob da ein regelmäßiges Durch-die-Bögen-Schlendern zeitlich einplanbar ist? Wahrscheinlich eher schwierig.
Aber von den oben angesprochenen Maßnahmen (passive regelmäßige Bestreifung & deeskalierendes, präventives Auftreten) ist – zumindest meiner Einschätzung nach – nicht mehr viel Merkbares übrig geblieben, außer dass eben alle paar Monate diese Verbotszone verlängert wird und wenn’s mal wo kracht, dann kommt man um im Anschluss zusammenzuräumen (auch wenn man in Echtzeit sich anbahnenden Eskalationen durch ebendiese Kameras zuschauen kann). Ich finde es schade, wenn also diese „Waffen“verbotszone, die im Übrigen nicht für Küchenmesser gilt, weil ja auch die ansässige Gastro mit Irgendetwas arbeiten muss – oder für fucking KETTENSÄGEN – wie ein wildgewordener Gemeinderat vor Kurzem demonstriert hat, als er mit einer solchen in die Messehalle zur letzten Gemeinderatssitzung spaziert ist (wtf war das eigentlich?! aber dazu noch ein anderes Mal mehr) alle paar Monate durchgewunken wird und dann schau ma mal.
Ad Austausch und Wahrnehmung: Letztes Jahr hatten wir beispielsweise mal die Situation, dass eine Polizeieinheit mit ca 10 Beamt:innen in die p.m.k kam, um eine „verdächtige Person“ zu suchen. Als wir anfangs wissen wollten warum sie hier sind und warum in dieser massiven Stärke, bekamen wir vom Einsatzleiter die Antwort „man muss massiv auftreten, wenn man zum Feind geht“. Dazu muss ich jetzt glaube ich nicht viel sagen.
Wie gesagt, haben Waffen selbstverständlich in den Bögen nichts verloren – no na – aber um nachhaltig konstruktiv gesellschaftlich einwirken zu können, braucht es meiner Meinung nach andere und erweiterte Zugänge – und vor allem welche die sich nicht auf Kameras und ein paar durch bissl racial profiling motivierte Drangsalierungsaktionen beschränken.
Und weil wir grad beim Thema Drogen sind, vielleicht noch ein kleiner Nachsatz, der manche vielleicht in meinem Bezirksblatt-Statement verwirrt hat:
Wenn es grundsätzlich darum ginge den gesellschaftlichen Drogenkonsum zu thematisieren, würden wir uns noch ein GANZ anderes Fass aufmachen. Fast alle haben’s mittlerweile mitbekommen: spätestens seit der Pandemie häufen sich die Berichte über den explosiv angestiegenen Drogenkonsum in Europa – und das quer durch die Gesellschaft. Ein Kontinent mit (zu Recht) überforderten Menschen ballert sich weg – und das fädelt nicht irgendeine „nordafrikanische Drogendealer-Szene“ (aaaah!) ein, sondern hat ganz andere Hintergründe.
Klar: Das Thema ist viel zu lange und zu komplex, um hier jetzt irgendwelche klugen Vorschläge zur machen, aber nur damit es auch hier nochmal gesagt ist: Die Junkies sind nicht „die schrägen Leute in den Bögen“ – sondern Drogenkonsument:innen sitzen mittlerweile in den Büros, in der Verwaltung, in den Dienstleistungsbetrieben und überall sonst wo wir Menschen treffen. That’s a fact und soll jetzt auch überhaupt kein Vorwurf sein. Aber bitte nehmen wir nicht irgendwelche Nachtschwärmer:innen, die sich gerne in den Bögen bewegen als Projektionsfläche für gesamtgesellschaftliche Probleme her. Wie gesagt, ich hab auch nicht die ultimative Lösung parat und zu tun gäbe es ohnehin immer viel – aber diese „Waffen“verbotszone samt Kameras tragen definitiv nicht zu einer konstruktiven Lösung bei, da kennts mir dazehln was wollts.



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